DLD Europe: Corporate Digital Responsibility als Wettbewerbsvorteil
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Wie kann zukünftig ein verantwortungsvoller und ethischer Umgang mit Daten und neuen Technologien aussehen? Was bedeutet Corporate Digital Responsibility konkret und wie gehen Unternehmen damit um? Diesen und mehr Fragen stellte sich ein Expertenpanel, darunter Valentina Daiber, Chief Officer for Legal and Corporate Affairs und Mitglied des Vorstands der Telefónica Deutschland Holding AG, am Montag in Brüssel.
„Es gibt einen Konsens darüber, dass wir einen umfassenderen Schutz der Daten brauchen, und zwar jetzt“, mit diesen Worten eröffnete die Journalistin Astrid Frohloff am Montag die Expertenrunde zum Thema Corporate Digital Responsibility: Europe’s opportunity to lead in a changing world im Rahmen des DLD Europe in Brüssel.
Neben Valentina Daiber war die freie Wirtschaft vertreten durch John Frank, Vice President EU Governmental Affairs bei Microsoft. Als Vertreterin der Wissenschaft saß Prof. Sara Spiekermann-Hoff, Head of Institute for Information Systems and Society der Wirtschaftsuniversität Wien, auf dem Podest und einen politischen Blickwinkel lieferte Viviane Reding, ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union, darüber waren sich die Panelisten einig, markiert einen wesentlichen Grundschein im verantwortungsvollen Umgang mit Herausforderungen, die aus der fortschreitenden Digitalisierung resultieren. „Die DSGVO ist auf dem besten Wege zum weltweiten Goldstandard zu werden“, sagte die maßgebliche Wegbereiterin der Verordnung, Reding. Sie sei davon überzeugt, dass dies auch reelle wirtschaftliche Vorteile mit sich bringe.
Digitalisierung: Vertrauen ist maßgeblich für nachhaltigen Erfolg
Viele Technologien – wie beispielsweise die Gesichtserkennung – böten eine Vielzahl für die Gesellschaft vorteilhafte Anwendungsmöglichkeiten. Genauso hätten sie jedoch das Potential, missbraucht zu werden, erklärte John Frank. Obwohl Microsoft selbstformulierte Richtlinien streng einhalte, wünsche sich sein Unternehmen gesetzliche Regularien, die noch über die DSGVO hinausgingen. Auch Telefónica Deutschland hat freiwillige Prinzipien für den ethischen Umgang mit Daten formuliert und wie es Valentina Daiber ausdrückte, „Corporate Digital Responsibility in der DNA des Unternehmens verankert“. Sie vertrat außerdem die These, dass die Digitalisierung langfristig nur von Erfolg gekrönt sein könne, wenn es eine weitverbreitete Akzeptanz in der Gesellschaft für diese neuen Technologien und die mit ihnen verbundenen Veränderungen gibt. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn man auf die Sorgen und Bedürfnisse der Konsumenten eingehe.
Viviane Reding lobte die Vorgehensweise der beiden vertretenen Unternehmen, betonte aber auch, dass sie mittlerweile an der Selbstregulierung als Lösung zweifle. Sie habe bedenken, wenn Konzerne im Alleingang beschlössen, was ethisch ist. Besonders bedenklich würde es, wenn die Politik den von der Wirtschaft formulierten Richtlinien blind folgte, ergänzte Sara Spiekermann-Hoff. Ein echter menschenzentrierter Ansatz müsse sich von Effizienz, Geschwindigkeit und Profit um ihrer selbst willen verabschieden und sich auf positive Motivation konzentrieren. „Und diese kann durchaus auch von den Unternehmen kommen, weil sie nämlich über Werte konkurrenzfähiger werden“, ergänzte die Wissenschaftlerin.
Internationaler Wettbewerb: Die Zeit zu handeln ist jetzt
Um das benötigte Vertrauen der Bürger in Produkte und Systeme zu gewinnen und zu stärken, müsse sichergestellt werden, dass diese so konzipiert und designt sind, dass sie auch vertrauenswürdig seien, betonte Viviane Reding. Dieser Meinung pflichtete auch John Frank bei: „Wer nicht bereit ist, die Verantwortung für seine Produkte und deren Auswirkungen zu übernehmen, der sollte die Produkte nicht auf den Markt bringen“. Die Frage, ob Europa Gefahr laufe, langfristig in den Rückstand zu geraten, wenn es sich ständig mit ethischen Fragen beschäftige, verneinte er. Er halte es für wichtiger, die Dinge richtig zu tun und nicht so schnell wie möglich. „Auf lange Sicht ist Geschwindigkeit nicht das Zauberwort“, pflichtete Reding ihm bei.
Valentina Daiber gab zu bedenken: „Ich denke, Geschwindigkeit ist durchaus essenziell. Seit Jahren sprechen wir in Europa darüber, warum wir hinter den USA und China herhinken. Alles was wir tun müssen, ist jetzt zu handeln“. Schließlich seien die Rahmenbedingungen mittlerweile mit ausgearbeiteten, investmentfreundlichen Regulierungen geschaffen. Sie müssten lediglich noch implementiert werden. „Wir haben in Europa auch einen relativ einheitlichen Konsens der Werte, darauf sollten wir bauen und mein sehnlichster Wunsch ist es, dass wir jetzt damit anfangen“, so ihr Plädoyer.