Verband der Internetwirtschaft veröffentlicht: Neue EU Agenda für moderne Digitalpolitik

Foto: CC-By 2.0 Flickr User Thijs ter Haar Bildname: European Union Flags 2. Ausschnitt bearbeitet.
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Veröffentlicht am 19.12.2018

Im Mai 2019 wählen die Bürger der bis dahin voraussichtlich 27 Mitgliedstaaten zum neunten Mal das Europäische Parlament. Mit Blick auf die Wahl präsentierte der Verband der Internetwirtschaft (eco) am 11. Dezember eine „EU Agenda für eine moderne Digitalpolitik“. Mit 19 „Kernforderungen“ möchte der eco die Entwicklung des digitalen Binnenmarktes vorantreiben. Laut dem Verband fehlen nämlich „vielen politischen Vorhaben und Projekten das Verständnis für digitale Technologien, ihre Möglichkeiten und Herausforderungen, aber auch ihre praktischen Grenzen“. Die Debatten rund um das Internet und neue Technologien seien geprägt von Skepsis und dominiert durch „Interessen etablierter Industrien“. Für eine erfolgreiche Umsetzung des europäischen digitalen Binnenmarktes, benötige es einer gemeinsamen Idee bei den Institutionen der EU und ihrer Mitgliedstaaten.

Forderungen zu IT-Sicherheit und staatlicher Überwachung

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Der eco beginnt seinen Forderungskatalog mit einem Appell für ein „gesamteuropäisches Vorgehen im Kampf gegen Cybergefahren“. Dafür solle die Kooperation zwischen der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) und Europol weiter vertieft werden. Wichtig sei, „Grundrechte, Gefahrenabwehr und wirtschaftliche Handbarkeit“ in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Verband der Internetwirtschaft auch die vorläufige Einigung von EU-Parlament und Rat in den Trilog-Verhandlungen zum sogenannten Rechtsakt für Cybersicherheit, der auch eine Stärkung der ENISA vorsieht.

Der eco sieht aber auch die Mitgliedstaaten in der Verantwortung, die IT-Sicherheit in der EU zu stärken. Dafür sollen die Mitgliedstaaten von „Maßnahmen zur Überwachung“, wie zum Beispiel der Vorratsdatenspeicherung, Abstand nehmen und die Entwicklung und Anwendung von Verschlüsselungstechnologien fördern. Ein einheitliches europäisches Handeln fordert der Verband auch bei der Strafverfolgung von Cyberkriminalität. Dabei müsse man die Interessen von Bürgern und kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beachten.

Datenschutz und Privatsphäre

Im Bereich des Datenschutzes begrüßt der eco die Einführung des Europäischen Datenschutzausschusses und fordert EU-weit eine konsistente Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Um dies zu ermöglichen, müsse der Europäische Datenschutzausschuss die Internetwirtschaft vermehrt in ihre Arbeit einbeziehen. Zusätzlich sei es notwendig, auch mit Drittstaaten über die Anwendung der DSGVO zu beraten, da „das Internet nicht vor Landesgrenzen haltmacht“. Da die DSGVO bereits „für Einschnitte bei Webseitenbetreibern und digitalen Diensten gesorgt“ habe, müsse man bei der weiteren Ausarbeitung der E-Privacy-Verordnung darauf achten, dem „europäischen Digitalstandort“ nicht zu schaden. Dazu müssten Wirtschaft und Politik zusammen über die Pläne der Kommission und des Parlaments diskutieren. Der eco lehnt die anlasslose Datenspeicherung grundsätzlich ab, dies aber nicht nur zum Schutz der Grundrechte von Nutzern, sondern auch weil der Einsatz der Vorratsdatenspeicherung KMUs finanziell belaste.

Rechtsverletzungen und Haftung im Internet

Zwar sei mit Blick auf Rechtsverletzungen im Internet eine Anpassung an aktuelle Entwicklungen logisch, so der eco, allerdings bilde die vorhandene E-Commerce-Richtlinie einen „soliden und erprobten Rechtsrahmen“, welcher nicht durch „inkonsistente Änderungen“ geschwächt werden sollte. Die Mitglieder der EU sollen laut des Verbands der Internetwirtschaft auch gemeinsam gegen „Hate Speech“ und „Fake News“ vorgehen. Anfeindungen und Falschnachrichten seien kein neues Problem, die Verbreitung über das Internet mache sie jedoch einfacher und anonymer. Die Lösung könne dennoch nicht nur technologisch sein, sondern müsse auf allen Ebenen und in Kooperation von Bürgern, Unternehmen und Staat ansetzen.

Eine weitere Forderung des eco ist, die Strafverfolgung von Online-Kriminalität zu stärken. Dabei erachtet der eco die weltweite Kooperation für essenziell. Zudem sei der Einsatz vernetzter Hotlines sinnvoll. Laut Pressemitteilung der Kommission stimmten am 11. Dezember das EU-Parlament und der Rat einem Vorschlag der Kommission zu, strengere Regeln in der Verfolgung von Cyber-Kriminalität durchzusetzen. Dazu zählt auch eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Kooperation.

Der Verband der Internetwirtschaft hält aber auch die Neudefinition des Urheberrechts für notwendig, um die Chancen moderner Technologien zu verwirklichen. Ziel müsse sein, „zeitgemäße Regelungen zu finden, um die berechtigten Interessen“ von Urhebern, der Internetwirtschaft und Nutzern „miteinander in Einklang zu bringen“.

Infrastruktur und Netze

Der eco fordert auch eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur in Europa. Unter anderem würde eine Förderung von Rechenzentren „als Rückgrat der Digitalisierung maßgebend für das Gelingen europäischer digitaler Leistungsfähigkeit und digitaler Souveränität“ sein. Zusätzlich müssten die Ausbauziele bei Hochgeschwindigkeitsnetzen über 30 Mbit/s angehoben werden, damit die Zielvorgaben aus der Gigabitstrategie 2025 der EU-Kommission erfüllt werden. Laut eco solle der Ausbau primär privatwirtschaftlich geschehen. Auch im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen, wie dem Ausbau der 5G-Infrastruktur, setzt sich der Verband für eine Beibehaltung des „ausgewogenen Regulierungsansatzes“ der EU ein. Als positiv betrachtet der eco das Prinzip der Netzneutralität.

Dienste und Wettbewerb

Der Regulierungsrahmen für Medieninhalte muss laut einer weiteren Forderung der eco im Zuge der Medienkonvergenz angepasst werden. Ein Beispiel für diese Konvergenz sei, dass Inhalte aus TV und Radio sowohl linear als auch nichtlinear im Internet abgerufen werden können. Die Audiovisuelle-Mediendienste-Richtlinie (AVMD) solle so angeglichen werden, dass „gleichartige Angebote auch den gleichen Regelungen“ unterliegen und den Möglichkeiten von Innovationen, wie der Künstlichen Intelligenz (KI), Rechnung getragen werde. Zudem empfiehlt der Verband die Deregulierungsmöglichkeiten zu überprüfen, um den Wettbewerb auf europäischer Ebene zu fördern. Insgesamt stellt sich der eco gegen „Sonderregelungen [für die Internetwirtschaft] im allgemeinen Wettbewerbsrecht“ wie zum Beispiel in Form einer Digitalsteuer. Auch bei Fragen des Wettbewerbsrechts müssten die EU-Akteure auf die Interessen von KMUs achten. Dies betreffe zum Beispiel den Vorschlag für eine Verordnung zur Förderung von Transparenz und Fairness für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (P2B-Verordnung).

Digitale Wirtschaft und Digitalisierung

Die Ablehnung der von der EU-Kommission angeregten Digitalsteuer ist eine zentrale Forderung. Der Europäische Rat solle davon „Abstand nehmen und sich stattdessen für ein einheitliches Besteuerungssystem einsetzen“, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Um einen europäischen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, hält der eco es zudem für unerlässlich, die Freizügigkeit der Daten sicherzustellen. Mit der DSGVO sei die Grundlage geschaffen, die sichere Nutzung von Daten über Grenzen hinweg zu ermöglichen. Der eco begrüßt auch den Vorschlag der Kommission für eine abgestimmte Strategie zur KI sowie die Initiativen der EU zu Blockchain-Technologien. Auch beim Thema Blockchain wünscht sich der Verband eine gemeinsame europäische Strategie – eine solche müsse aber „pauschale Regulierungen“ meiden.

SPD-Positionspapier zur Digitalpolitik

Während sich der Verband der Internetwirtschaft eco mit der Digitalpolitik auf EU-Ebene beschäftigte, präsentierte die SPD-Bundestagsfraktion am 11. Dezember ein Positionspapier mit Schwerpunkten für die Digitalpolitik auf Bundesebene. Das Papier mit dem Namen „Vertrauen und Sicherheit im digitalen Zeitalter“ beinhaltet drei „zentrale Botschaften“. Erstens, solle „digitaler Wandel zu sozialem Fortschritt“ werden. Konkret, bedeute dies, dass dem Bürger „Souveränität, Freiräume und Sicherheit im digitalen Raum“ gewährleistet werden müssen. Zudem müsse der Staat mithilfe von „Digitalisierung und Transparenz“ Vertrauen bei Bürgern und Verbrauchern gewinnen. Die SPD-Fraktion betont darüber hinaus, dass die Wahrung von „Integrität und Sicherheit digitaler Strukturen zur staatlichen Aufgabe“ werden müsse – dies sei eine logische Konsequenz des digitalen Wandels. Dabei plädiert die Fraktion jedoch für eine „strikt defensive Ausrichtung der Cyber-Sicherheitsstrategie“.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Christian Krug schreibt als Redakteur zur Digitalpolitik.

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