Bayerischer Landtag: Digitalpolitik im Koalitionsvertrag

Veröffentlicht am 13.11.2018

In Bayern haben die CSU und die Freien Wähler (FW) am 5. November ihren Koalitionsvertrag für die Jahre 2018 bis 2023 unterzeichnet. Am 6. November wurde Markus Söder vom Bayerischen Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Die neue Wahl der Kabinettsmitglieder folgte am 12. November. Der 18. Bayerische Landtag hat 205 Abgeordnete. CSU und FW kommen gemeinsam auf 112 Mandate. Während die FW ihren Stimmenanteil bei der Wahl am 14. Oktober um 2,6 Prozentpunkte auf 11,6 Prozent gegenüber den Wahlen von 2013 verbessern konnte, musste die CSU, herbe Verluste hinnehmen. Die Partei verlor 10,5 Prozentpunkte und erhielt nur noch 37,2 Prozent der Wählerstimmen. Die neue Machtverteilung spiegelt sich auch in der Verteilung der Ministerien und in den Inhalten des 62-seitigen Koalitionsvertrages wieder.

Ressortverteilung

Neben der Staatskanzlei wird es in Zukunft zwölf anstatt elf Staatsministerien geben. Neu hinzu kommt ein eigenständiges Digitalministerium. Dieses wird von Judith Gerlach geleitet. Das Thema lag bisher in der Verantwortung eines Staatsministers für Digitales, Medien und Europa in der Staatskanzlei. Die FW übernehmen drei Ressorts: Wirtschaft, Energie und Landesentwicklung (geleitet von Hubert Aiwanger), Umwelt und Verbraucherschutz (Thorsten Glauber) sowie Bildung und Kultus (Michael Piazolo). Die Landesentwicklung wechselt vom Finanz- ins Wirtschaftsressort. Neben der Digitalisierung verbleiben folgende acht Ministerien bei der CSU:

  • Das Staatsministerium der Finanzen (Albert Füracker)
  • Das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (Hanz Reichart)
  • Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (Bernd Sibler)
  • Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Michaela Kaniber)
  • Das Staatsministerium des Innern und für Integration (Joachim Hermann)
  • Das Staatsministerium der Justiz (Georg Eisenreich)
  • Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (Kerstin Schreyer)
  • Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (Melanie Huml)

Der Koalitionsvertrag

Das Thema Digitalisierung zieht sich im Koalitionsvertrag von CSU und FW, wie auch schon in den Wahlprogrammen, durch alle Bereiche. Dabei lässt sich die Handschrift der CSU klar erkennen, doch auch FW haben ihre Forderungen zur Digitalisierung unterbringen können. Wie wichtig das Thema Digitalisierung aus Sicht der Koalitionspartner ist, sieht man auch daran, dass digitale Rechte und die digitale Teilhabe in die Bayerische Verfassung aufgenommen werden sollen.

Netzausbau

2025 soll der Stichtag sein, an dem alle Haushalte in Bayern mit Gigabitfähigen Anschlüssen versorgt sein sollen. Um das zu erreichen, möchten die Koalitionäre eine bayernweite „Gigabit-Richtlinie“ erarbeiten. Für dünn besiedeltes Gebiet gibt es zusätzlich einen sogenannten „Höfebonus“. Gleichzeitig soll auch die Anbindung von öffentlichen Einrichtungen an schnelles Internet sichergestellt werden.

Ein weiteres Infrastrukturprojekt ist der flächendeckende Mobilfunkausbau. Ein genaues Datum bis zur Fertigstellung nennt der Koalitionsvertrag hier nicht, dafür aber eine Investitionssumme. 20 Millionen Euro sollen durch ein Förderprogramm jährlich investiert werden. Damit soll unter anderem die Versorgung an Bahnstrecken verbessert werden. Für die kommenden Versteigerungen der 5G-Frequenzen möchten CSU und FW auf eine 4G-Ausbauverpflichtung hinwirken und nationales Roaming zumindest erlauben.

Verwaltung

Im Bereich E-Government will die Bayern Koalition mehr Bürgerservices online anbieten. Ab 2020 soll die Verwaltung die „wichtigsten Anwendungen“ für Bürger online bereitstellen. Beispielsweise soll beim Bauen die Beantragung durch digitale Baugenehmigungen vereinfacht werden, was zuerst in Modellprojekten erprobt werden soll. Bis 2023 soll Bayern dann bei digitalen Behördendienstleistungen „die deutschlandweite Führungsrolle“ übernehmen. Das soll auch in Kooperation mit Bund und Ländern realisiert werden. Bisher hatte Bayern sich beim Aufbau der bundesweiten Bürgerplattform, die im Rahmen der Umsetzung des Online-Zugangsgesetztes (OZG) aufgebaut wird, zurückgehalten.

Förderung

Die Vereinfachung der Verwaltung soll auch Gründern zugutekommen. Ein Unternehmen zu gründen soll nur noch einen Tag dauern. Zudem soll es sieben weitere Digitale Gründerzentren geben – eins pro Regierungsbezirk. Das hatte die CSU in ihrem Wahlprogramm gefordert. Hinzu kommt ein GründerHub, der die Zentren koordinieren soll. Auch die Kapitalakquise für Gründer auf dem privaten Markt soll erleichtert werden. Geprüft wird außerdem ein „digitales Starterpaket“ für Gründer. Dieses soll unter anderem einen garantierten Glasfaseranschluss beinhalten.

Die neue Koalition plant auch neue digitale Geschäftsmodelle und den Einsatz von künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Robotik, 3D-Druck, Internet der Dinge und Virtual Reality zu fördern. Über Art und Weiße der Förderung verrät der Koalitionsvertrag aber noch nichts. Genauso verhält es sich mit der Förderrichtlinie „Heimat Digital“. Sie soll digitale Heimatprojekte fördern. Was genau darunter zu verstehen ist und welche Beträge hierfür aufgerufen werden, bleibt vorerst ungeklärt. Etwas konkreter wird der Vertrag in der Blockchain-Technologie. Hier soll eine eigene Strategie ausgearbeitet werden, um Potentiale zu erschließen und Missbrauch zu unterbinden. Geprüft wird zudem die Grundlagen der Technologie in Schulen zu lehren.

Bildung und Weiterbildung

Um Schüler und Berufstätige auf den digitalen Wandel vorzubereiten, will die Koalition mehrere Maßnahmen umsetzen. So sollen 50.000 Klassenzimmer digital ausgestattet werden. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) werden Bildungsschecks von bis zu 500 Euro eingeführt. Daneben setzen CSU und FW auf sogenannte Weiterbildungsinitiatoren als digitale Bildungsberater. Innerhalb des Jobs wollen die Koalitionäre flexiblere Arbeitszeit- und Arbeitsortregelungen gerade im Hinblick auf Ruhezeiten oder die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten einführen, um das Arbeiten familienfreundlicher zu machen.

Justiz und Sicherheit

Neben der Verwaltung soll auch die Justiz digitalisiert werden. Die Voraussetzung für einen elektronischen Rechtsverkehr soll etabliert und eine E-Akte geschaffen werden. IT-Sicherheit wird im Koalitionsvertrag ebenfalls angesprochen. So soll das Landesamt für Informationstechnologie (LSI) weiter ausgebaut und so die IT-Sicherheit der bayerischen Verwaltung verbessert werden. Die Entwicklung einer „Bayern Cloud“ könne laut Koalitionsvertrag besonders KMUs helfen, ihre Daten Online sicher zu lagern. Dadurch soll auch die Gefahr vor Wirtschaftsspionage sinken. Im Kampf gegen diese will die Staatsregierung den Mittelstand zusätzlich unterstützen. Geschützt werden sollen ebenfalls Kinder im Internet. Generell soll auch stärker gegen Cyberkriminalität vorgegangen werden. Wie dies erfolgen soll, steht im Vertrag nicht.

Sonstiges

Neben der Verpflichtung zur Netzneutralität ist auch die Digitalisierung der Landwirtschaft im Papier festgeschrieben. Für Bauern setzt die Koalition das „Sonderprogramm Landwirtschaft Digital“ fort, um diese bei der Digitalisierung zu unterstützen.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Martin Müller ist Analyst für Digitalpolitik.

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