Deutschlands digitale Zukunft: Impulse der Telefónica Deutschland für die Bundespolitik 2017-2021

Foto: CC-By 2.0 Flickr User Wolfgang Staudt. Bildname: Reichstag. Ausschnitt bearbeitet
Veröffentlicht am 04.10.2017
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Die Digitalisierung in und für Deutschland wird ein wichtiges Thema der Koalitionsverhandlungen sein. Es ist Zeit für ambitionierte Ziele, die Deutschland voranbringen. Aus Sicht der Telefónica Deutschland sind einige Themen mit Priorität zu behandeln.

Gigabitnetze für Deutschland

Gerade was den Ausbau der digitalen Infrastruktur angeht, sind ambitionierte Ziele notwendig. Ein für den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland notwendiger Glasfaserausbau wird nur gelingen, wenn die immensen Investitionen mobilisiert werden können. Dabei ist in erster Linie auf die wirtschaftlichen Akteure zu setzen und die regulatorischen Rahmenbedingungen entsprechend investitionsfreundlich zu gestalten. Eine ergänzende staatliche Förderung wird für wirtschaftlich nicht ausbaubare Gebiete notwendig sein. Auf keinen Fall darf die Finanzierung einer solchen Förderung zu einer Umverteilung zwischen Unternehmen führen, wie es durch eine Verwendung von Frequenzerlösen von den Mobilfunkunternehmen an den Festnetzausbau geschehen würde.

Investitionen in 5G / Mobilfunkausbau

Für zukünftige Anwendungen einer digital ertüchtigten Wirtschaft sind der Ausbau mobiler Netze und die Einführung des neuesten Mobilfunkstandards 5G so bald wie möglich unabdingbar. Dafür sind seitens der Wirtschaft weiterhin mehrere Milliarden Euro pro Jahr an Investitionen nötig. Deshalb sollte man nicht über unnötig teure Auktionen dem Mobilfunk das Geld entziehen, das dieser investieren will und muss. Die Politik kann nicht erwarten, dass Deutschland bei 5G ganz vorne mitspielt und der Netzausbau noch weiter vorangetrieben wird, wenn dem Mobilfunk gewissermaßen eine Sondersteuer in Form einer Auktion auferlegt wird.
Im Mobilfunk existiert ein funktionierender Infrastrukturwettbewerb. Um ihn auch künftig zu erhalten, müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und das Regulierungsniveau stimmen. Regulierung für neue Märkte und Technologien sind da keinesfalls hilfreich.

Digitalpolitische Organisation der Bundesregierung

Die bisherige Verteilung der digitalpolitischen Kompetenzen über verschiedene Ressorts wurde teilweise stark kritisiert. Es ist nicht die Aufgabe der Telefónica Deutschland, Vorschläge für die interne Organisation der Bundesregierung zu machen. Allerdings sind nach den Erfahrungen der letzten vier Jahre zumindest eine bessere Koordinierung und eine eindeutige Zuordnung von Kompetenzen wichtig. In diesem Sinne ist auch die Frequenzpolitik sicherlich im Gesamtkontext telekommunikationsrechtlicher und wirtschaftspolitischer Aufgaben zu sehen und sollte nicht auf mehrere Ressorts der Bundesregierung verteilt sein. Gerade im Hinblick auf notwendige internationale Abstimmungen ist in der Frequenzpolitik eine Bündelung notwendig, um ausreichend schnell positioniert zu sein, so dass Deutschland seiner Vorreiterrolle weiterhin gerecht werden kann. Ob all das besser durch einen Staatsminister für Digitales im Kanzleramt oder eine Digitalministerin mit eigenem Ressort gelingen wird, ist eine politische Einschätzung, die von der neuen Bundesregierung zu treffen ist.
Die Idee, Kompetenzen in einer Digitalagentur zu bündeln, ist nachvollziehbar und trägt der zunehmenden technologischen Konvergenz Rechnung. Sie darf aber nicht ein Mehr an Regulierung zur Folge haben. Damit eine solche Digitalagentur ein Erfolgsmodell wird, sollten unseres Erachtens drei Voraussetzungen erfüllt sein: Es ist eben zu vermeiden, dass es zu einer on-top Regulierung oder gar Doppelregulierung kommt. Zweitens darf eine Digitalagentur kein Bremser sein, sondern muss im Gegenteil als Motor der digitalen Ökonomie agieren. Sie sollte sich daher auf klar definierte Kernbereiche beschränken, um nicht in die Gefahr von „Regulierung als Selbstzweck“ zu geraten. Wichtig wäre drittens dann, die Digitalagentur mit dem notwendigen wirtschaftlichen und digitalen Know-How auszustatten. Sinnvollerweise sollte sie eine enge Anbindung an das für Digitalwirtschaft zuständige Ressort der Bundesregierung erhalten und eine starke wirtschafts- und ordnungspolitische Ausrichtung haben. Nur unter diesen Voraussetzungen könnte die Digitalagentur einen sinnvollen Beitrag zur digitalen Transformation leisten.

Stabile Rahmenbedingungen für Datenschutz und Sicherheit

Die seit vielen Jahren diskutierte und bereits zweimal umgesetzte Vorratsdatenspeicherung ist nun erneut von deutschen Gerichten als verfassungs- oder EU-rechtswidrig bewertet worden. Eine abschließende Klärung steht noch aus, doch hat die Bundesnetzagentur die Umsetzung de-facto ausgesetzt. Die Vorratsdatenspeicherung war allerdings zu diesem Zeitpunkt bei fast allen Unternehmen schon mit sehr hohem finanziellen und personellen Aufwand implementiert worden. Deshalb kann eine politisch eventuell gewünschte (Wieder-)Einführung nur erfolgen, wenn Rechtssicherheit und einheitliche europäische Regeln gewährleistet sind.
Für Unternehmen und Verbraucher ist entscheidend, dass es mit Blick auf den Datenschutz einen klaren Rechtsrahmen gibt. Dies muss politisch auf europäischer oder nationaler Ebene, jedenfalls gut koordiniert zwischen den Ebenen, geregelt werden. Ein weiteres Hin-und-Her ist für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Kommunikationswege und die implementierenden Unternehmen nicht zumutbar.
Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung ist ein wichtiger Schritt zu einem digitalen Binnenmarkt. Telefónica Deutschland begrüßt es, einheitliche europäische Regeln für den Datenschutz zu etablieren, um das Vertrauen der EU Bürgerinnen und Bürger in datenbasierte Innovationen zu stärken und ein harmonisiertes Wirkungsfeld für alle Unternehmen in Europa zu schaffen. Die aktuell diskutierte e-Privacy-Richtlinie darf diese grundlegende Harmonisierung nicht beeinträchtigen.

Level Playing Field zwischen OTT- und TK-Diensten

Die Digitalisierung hat einen langfristigen Wandel im Telekommunikationsmarkt ausgelöst. Bereits heute befindet sich der Markt in einer dramatischen Umbruchphase: Rasant zunehmender Datenverkehr und steigender Bandbreitenbedarf führen dazu, dass die Netzbetreiber aktuell und noch über Jahre hinweg massiv in den Ausbau ihrer Netzinfrastruktur investieren müssen. Gleichzeitig sehen sich die Netzbetreiber einer zunehmenden Konkurrenz durch sogenannte „Over-the-Top“-Anbieter (OTTs) ausgesetzt, die mit neuen Angeboten in massiven Wettbewerb zu den TK-Netzbetreibern treten. Dabei handelt es sich um Anbieter ohne eigene Netzinfrastruktur, die konventionelle TK-Angebote mittels Internettechnologie virtuell nachbilden. So haben Messaging-Dienste binnen zwei Jahren die Umsätze der TK-Anbieter mit Mobilfunkkurznachrichten (SMS) marginalisiert. Mittlerweile bieten die OTTs auch VoIP-Dienste (Telefondienste auf IP-Basis) an und attackieren damit das klassische Kerngeschäft der Netzbetreiber – die Sprachtelefonie. Der Anteil der OTT-Dienste am Sprachverkehr hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt.
TK-Netzbetreiber unterliegen der sektorspezifischen TK-Regulierung. Diese umfasst insbesondere Regelungen in den Bereichen Verbraucherschutz, Datenschutz, innere Sicherheit und Notruf. Nach gegenwärtiger Rechtslage finden diese Normen keine Anwendung auf OTTs. Die fehlende regulatorische Gleichbehandlung (sog. Level Playing Field) zwischen TK-Netzbetreibern und OTTs hat zu massiven Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Telekommunikationsbranche geführt und verursacht langfristig eine Schwächung der Investitionsfähigkeit in diesem Sektor. Deshalb sollte sowohl auf europäischer Ebene im Rahmen des Review des Europäischen TK-Rechtsrahmens (EECC) als auch auf nationaler Ebene durch entsprechende Neuregelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG) die Herstellung eines Level-Playing-Fields mit Priorität umgesetzt werden.

Es gibt eine Menge Baustellen in der Digitalpolitik. Daran wird eine neue Bundesregierung mit Engagement arbeiten müssen. Aber eben nicht allein. Denn sowohl die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten als auch die Unternehmen stehen in der Pflicht, gemeinsam daran zu arbeiten, um Deutschland und Europa zu erfolgreichen Playern in der globalen Digitalisierung zu machen.

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