E-Health: Die Digitalisierung der Charité

Veröffentlicht am 16.06.2017

Die Charité in Berlin ist eine der größten Universitätskliniken in Europa. Sie genießt internationale Anerkennung für Forschung und Ausbildung, und hat einige Nobelpreisträger hervorgebracht. Sie beschäftigt über 13.000 Mitarbeiter in den Kliniken oder der Verwaltung und Logistik. Wie sieht eine digitale Transformation des Klinik-Giganten aus?

Digitalisierung der Verwaltung

Die Charité ist gut vernetzt. Beispielsweise ermöglicht der elektronische Austausch zwischen Röntgenstation, Labor und den Ambulanzen, dass Ärzte ein Röntgenbild des Kranken zeitnah und auch gleichzeitig am Computer oder Tablet sehen können. Forscher der Neurologie-Klinik der Charité untersuchten den Einsatz der elektronischen Akte auf Tablets und stellten fest, dass mehr Zeit für die Visite blieb. Zum einen würden Ärzte entlastet, da sie die Akte leicht zur Hand haben und aktualisieren können, außerdem biete sie eine Hilfestellung im Gespräch mit Patienten, da Schaubilder zur Erläuterung von Krankheitsbildern herangezogen werden können. Deshalb soll der Einsatz der elektronischen Patientenakte weiter ausgebaut werden.

Die Charité entwickelt außerdem eine Smart Health Service Plattform, genannt Medical Allround-Care Service Solutions (MACSS). Sie soll sowohl die Kommunikation von Arzt zu Arzt als auch die zwischen Ärzten und Patienten verbessern. Die Plattform ist für Patienten gedacht, die ständig medizinisch betreut werden müssen, zum Beispiel Menschen, die eine Nierentransplantation hinter sich haben. Per App können dann Daten zu Blutdruck oder Gewicht und verschriebene Medikamente von Patienten, Klinikarzt und behandelndem Hausarzt geteilt werden.

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Die Charité hat als erstes Universitätsklinikum in Deutschland Anfang April eine Stabsstelle „Digitale Transformation“ eingerichtet, welche die Digitalisierung der Charité koordiniert. Neben der Digitalisierung der Verwaltung spielt auch die IT in der Medizinforschung eine entscheidende Rolle. Ebenfalls Anfang April wurde das Einstein Center Digital Future (ECDF) eröffnet, an dem sich die Charité beteiligt. Es soll Forschung in digitale Technologien in der Medizin unterstützen und IT- Professoren aus aller Welt nach Berlin locken.

IT-Forschung und virtuelle Gehirne

Zwar spüren die Forscher der Charité nicht der digitalen Unsterblichkeit nach, wie manch Internet-Großkonzern, aber wie Science Fiction muten auch hier die IT-Innovationen in Forschungsbereichen wie der Neurologie an. Zum Beispiel simuliert das „personalisierte virtuelle Gehirn“ mit Hilfe von Big Data die Aktivität der Milliarden von Nervenzellen im Gehirn. Es ist ein bisher einzigartiger Computer, der die Interaktionen und Verbindungen der Nervenzellen herausstellt. Das virtuelle Gehirn soll zum Beispiel Epilepsie-Patienten helfen, indem es berechnet, wo im Gehirn der Startpunkt ihrer epileptischen Anfälle sitzt. Die Information könnte die gezielte Operation und Entfernung der kranken Region möglich machen.

Ein Projekt der Charité untersucht Mixed Reality in der Chirurgie, also die Verbindung von Virtual Reality (VR) und der realen Welt. Durch eine VR-Brille soll ein Chirurg ein dreidimensionales Bild des zu entfernenden Tumors direkt auf dem Organ sehen können, selbst wenn dieser für sein bloßes Auge nicht zu erkennen wäre. Die Brille zeigt außerdem, wo empfindliche Blutgefäße sitzen.

Open Source und Datenschutz

Der Code des virtuellen Gehirns ist öffentlich zugänglich. Open Source sei wichtig für das Projekt, sagt die Leiterin, Neurologin Dr. Petra Ritters.

„Das ermöglicht Zusammenarbeit und nur so können wir die Qualität von verschiedenen Simulationen auch vergleichen, was für die Anwendungen am Patienten entscheidend ist.“

Auch in der Charité kommen die großen Fragen der Digitalisierung der Gesellschaft zusammen: Open Source und Open Data in Wissenschaft und Forschung, elektronischer Austausch von Daten zwischen Patienten und Ärzten, Datenhoheit, -schutz und -sicherheit.

„Was wir brauchen, ist eine vernünftige Balance zwischen dem Anspruch an Datensicherheit und der Möglichkeit, im Rahmen gesetzlicher Bedingungen Forschung zu machen”, sagt Charité-Chef Einhäupl.

Auch gibt es derzeit Einschränkungen zum Austausch von Patientendaten zum Beispiel zwischen einzelnen Stationen durch Vorschriften zum Datenschutz. Mit dem neuen E-Health-Gesetz ist festgeschrieben, dass die Patienten die Hoheit über ihre Daten haben und selbst entscheiden, ob sie ihre Daten freigeben wollen.

Im April kritisierte die Berliner Datenschutzbeauftragte in ihrem Bericht die Charité scharf. Maja Smoltczyk attestierte der Charité „gravierende Defizite“ bei der IT-Sicherheit und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Erst jetzt habe die Charité begonnen, die „ungewisse Zahl von dezentralen Prozessen“ in den vielen Einrichtungen der Charité zu erfassen. Vor allem die

„Verarbeitung von Daten durch die moderne Medizintechnik, die die Charité betreibt, blieb gleich völlig außen vor, womit eine gähnende Lücke bestehen blieb, sowohl in der Gewährleistung des Datenschutzes als auch der Informationssicherheit“.

Positiv sei, dass sich die Charité bemühe, Prozesse zu vereinheitlichen. Auch sei die Charité auf Datenschutz-Beratungen eingegangen. Inzwischen gibt es regelmäßige Treffen zwischen der Charité und der Berliner Datenschutzbeauftragten. Außerdem stellt die Berliner Uniklinik mehr Personal für IT-Sicherheit und IT-Aufgaben ein.

Politische Weichenstellung

Digitalisierung kostet Ressourcen und Personal, Ärzte müssen entsprechend weitergebildet werden und auch ältere Patienten, die weniger digitales Know-How haben dürften, nicht auf der Strecke gelassen werden. 500 Millionen Euro will Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries in die digitale Infrastruktur deutscher Unikliniken investieren. Dadurch würde eine „Standardisierung befördert, die auf den ambulanten Bereich ausstrahlen kann“, heißt es in einem Eckpunktepapier des BMWi, das vor dem Digital-Gipfel vorgestellt wurde..

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