Standpunkt: Europäische Weichenstellung für eine dynamische Digitalwirtschaft

EU-Kommissar Oettinger beim UdL Digital Talk, Foto: Henrik Andree
EU-Kommissar Oettinger beim UdL Digital Talk, Foto: Henrik Andree
Veröffentlicht am 20.12.2016

Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder wichtige Impulse für die Digitalwirtschaft gegeben. Nun hat sie mit dem EU-Kommunikationskodex eine grundlegende Überarbeitung der Regeln für die Kommunikationswirtschaft vorgelegt. Dieser Kodex wird in den nächsten Jahren die entscheidende Weichenstellung sein, um Europa bei der Digitalisierung im weltweiten Vergleich eine gute, vielleicht sogar eine sehr gute Position zu ermöglichen. Deshalb lohnt es sich, die vorgelegten Vorschläge intensiv zu diskutieren und dann schnell zu klaren Entscheidungen zu gelangen. Denn mit der Dynamik der Digitalisierung muss Europa Schritt halten.

Wie so häufig, sehen wir auch hier beim EU-Kodex Licht und Schatten. Es gibt viele mutige und richtige Weichenstellungen, aber es bleibt auch manches unklar. In drei Themenbereichen skizziere ich nachfolgend erste Positionen, die wir als Telefónica Deutschland in die europäische Diskussion einbringen. Es geht erstens um die Frequenzpolitik, die für eine immer mobiler werdende digitale Infrastruktur entscheidende Bedeutung hat. Zweitens beschäftigt sich der Kodex zu Recht mit dem Level-Playing-Field für Netzbetreiber und OTT-Anbieter. Ein weites Feld sind drittens die Zugangsregeln.

Frequenzpolitik

Eine leistungsfähige Gigabit-Infrastruktur ist in Zukunft noch mehr als schon heute nicht ohne extrem leistungsfähige Funknetze denkbar. Günther Oettinger, derzeit noch EU-Digitalkommissar, brachte es beim UdL Digital Talk auf den Nenner:

„Wir dürfen in Zukunft über Schlaglöcher fahren, aber nicht mehr durch Funklöcher“.

Die dafür notwendigen Frequenzen sind die Grundlage für den erfolgreichen Aufbau einer solchen digitalen Infrastruktur. Deshalb müssen die Regeln zur Vergabe und Nutzung dieser Frequenzen vor allem anderen dem Ziel dienen, die enormen Investments in diese Infrastruktur wirtschaftlich zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sehen wir Investitionssicherheit und gesamtwirtschaftlich vernünftige Erlöserwartungen und Zahlungskonditionen bei allen Frequenzvergaben als unerlässlich an. Hierfür gibt es einige positive Ansätze der EU, wie zum Beispiel eine Lizenzlaufzeit von 25 Jahren, vernünftige Zahlungskonditionen („pay-when-available“) oder Handelsrechte.

Gleiche Spielregeln für alle Kommunikationsdienste

guenther-oettinger1280x720
EU-Kommissar Oettinger beim UdL Digital Talk, Foto: Henrik Andree

Telefónica Deutschland weist seit einiger Zeit auf die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen zwischen Netzbetreibern und OTT-Anbietern hin. Während die Netzbetreiber den strengen Regelungen nationalen wie europäischen Telekommunikationsrechts unterworfen sind, finden diese keine Anwendung auf funktional substituierbare OTT-Dienste. Diese können ihre Dienste daher auf Geschäftsmodellen aufsetzen, welche den klassischen Netzbetreibern nicht erlaubt sind. Der wirtschaftliche Erfolg digitaler Plattformen ist ja zunächst keinesfalls negativ zu bewerten. Dienste von OTT-Anbietern sind ein Treiber der Digitalisierung und befördern u. a. auch die datenzentrierten Geschäftsmodelle der TK-Netzbetreiber.

Die nun geplanten Definitionen von Kommunikationsdiensten sind ein sehr wichtiger erster Schritt zur Schaffung eines Level-Playing-Fields. Es wird darauf ankommen, sie im weiteren Gesetzgebungsprozess noch klarer und dadurch einfacher anwendbar zu fassen. Insgesamt darf es eben nicht darum gehen, alle Spielregeln ungeprüft auf dem jetzigen Niveau des Telekommunikationssektors anzuheben. Gleichzeitig bleiben nationale Anstrengungen ebenso notwendig.

Zugangsregeln

Die Neudefinition von “hochkapazitiven Netzinfrastrukturen” ist eine bewusste Veränderung bisheriger Grundbegriffe und birgt daher in gewisser Weise Unsicherheiten für die Marktakteure. Gleichzeitig bietet sie jedoch eine umfassendere Definition, die den Regulierern ein technologieoffenes Instrument an die Hand gibt und insofern zu begrüßen ist. Einige Änderungen in den Zugangsregelungen wie beispielsweise eine sehr weitgehende symmetrische Regulierung halten wir jedoch nicht für zielführend.

In verschiedenen Regulierungsbereichen sieht Telefónica Deutschland das Risiko von zusätzlichen europäischen Ebenen, die dadurch zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeuten könnten (Art. 12). Hier sollten im Sinne einer optimalen Aufgabenverteilung zwischen Mitgliedsstaaten und Europäischer Union klare Aufgabenteilungen vorgenommen werden. Insbesondere eine Regulierung von Terminierungsentgelten auf europäischer Ebene halten wir für nicht sinnvoll. Notwendig ist eine deutlich verbesserte Möglichkeit des Zugangs zu Leerrohr-Infrastrukturen marktbeherrschender Unternehmen und eine weiterhin konsequente Regulierung von Bitstreamvorleistungen.

Telefónica Deutschland hat zu den europäischen Vorschlägen erste Positionen bezogen, die wir hier transparent machen und zur Diskussion stellen.

 

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion