Branchendiskussion: Glasfaserausbau als Grundlage für 5G

VATM Tele Kompass zu 5 G, Foto: Frank Ossenbrink
Veröffentlicht am 21.04.2016

Der neue Mobilfunkstandard 5G mit Interaktionen im Internet in Echtzeitgeschwindigkeit und Latenzzeiten von unter einer Millisekunde wird alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche verändern. Darin waren sich die sechs Podiumsgäste aus Wirtschaft und Politik beim VATM-Tele-Kompass Berlin-Mitte im BASECAMP am 14. April zum Thema „Gigabit-Gesellschaft und Schlüsseltechnologie 5G: Wie schaffen wir den Wandel in Deutschland?“ einig. 5G hat eine hundertmal höhere Datenrate als LTE-Netze, eine tausendfach höhere Kapazität und benötigt bei der Übertragung von Daten nur noch einen Bruchteil der Energie als heute üblich ist. Wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im November beim jüngsten IT-Gipfel der Bundesregierung angekündigt hat, soll Deutschland in zehn Jahren in das Gigabit-Zeitalter eintreten. Das Ziel sollte sein, „im Jahr 2025 die modernste digitale Infrastruktur der Welt zu haben“, so Gabriel. Valentina Daiber, VATM-Präsidiumsmitglied und Director Corporate Affairs von Telefónica, plädierte dafür, Plattformen zu schaffen, auf denen man interagieren kann. Das BMWi hat mit der Plattform „Digitale Netze und Mobilität“ im Rahmen des IT-Gipfelprozesses auf nationaler Ebene bereits ein Angebot initiiert.

VATM Tele Kompass zu 5 G, Foto: Frank Ossenbrink

Laut Keynote-Speaker Stefan Koetz, Vorsitzender der Geschäftsführung von Ericsson Deutschland, wird 5G die Grundlage für die vernetzte Gesellschaft, für Industrie 4.0, Smart Factory und das Internet der Dinge sowie für eHealth sein. BMVI-Ministerialdirigent Frank Krüger wies darauf hin, dass sich durch 5G auch das autonome Fahren verändern werde. Erkenntnisse, welche Infrastruktur dafür konkret benötigt wird, sollen aus dem Digitalen Testfeld A9 gewonnen werden, so Krüger. Durch die Reduzierung der Latenzzeit werde auch die Leitung des Verkehrs möglich, wie Hartmut Kremling von Vodafone erläuterte. Für den netzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Thomas Jarzombek hat der neue Mobilfunkstandard noch weitere Vorzüge: „Wir wollen die Daten der Autos. Sie sollen uns melden, welche Straßen noch gut sind und wo Ausbesserungsbedarf besteht, das geht nur mit 5G“, so Jarzombek.

Bis 5G in Deutschland verfügbar ist, müssen Wirtschaft und Politik allerdings noch die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. „Die Industrie muss Standards entwickeln, aber die vielen Player machen es mit der Einigung nicht einfacher“, berichtete Jan Krancke, Vize-Präsident der Deutschen Telekom. Wichtig sei, dass man in der EU nicht gegeneinander arbeite. Insgesamt sei die Standardisierung aber keine deutsche oder europäische Diskussion, sondern ein Weltthema, so der Leiter Regulierungsstrategie und Ökonomie der Telekom. Für Hartmut Kremling ist wichtig, dass „wir uns in Europa einig sind, in welchem Frequenzbereich wir 5G anbieten wollen“. Für Frank Krüger vom BMVI unterliegt die Frage, ob die Standardisierung oder die Frequenzabdeckung vorrangig sei, dem Henne-Ei-Prinzip. Er plädierte dafür, von zwei Enden des Tunnels gleichzeitig zu graben.

Forderungen an die Politik

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer darin, dass für 5G „deutlich mehr Frequenzen“ benötigt würden als bisher. Valentina Daiber sieht Deutschland in puncto Frequenzen grundsätzlich „ganz gut aufgestellt“, sieht aber hohe Kosten auf die Branche zukommen: „Es ist nicht zielführend, wenn die Vergabe der zusätzlichen Frequenzen wieder durch eine Versteigerung realisiert wird. Jeder Euro für die Versteigerung fehlt nachher beim Ausbau“, warnte die Telefónica-Vertreterin. Von der Bundesregierung wünscht sie sich darüber hinaus, dass die Anbindung des Mobilfunks bei staatlich geförderten Glasfasernetzen künftig stärker berücksichtigt wird. Auch Hartmut Kremling betonte, besserer Mobilfunk könne nur auf einem guten Glasfasernetz aufgebaut werden.

Beim Thema Glasfaser fand die Einigkeit auf dem Podium erwartungsgemäß ein Ende. Jan Krancke von der Deutschen Telekom gestand zwar ein, „dass am Ende Glasfaser das Beste ist“, vertrat aber die Ansicht, dass man in Deutschland zunächst einmal eine flächendeckende Infrastruktur mit Breitband schaffen müsse. Hartmut Kremling von Vodafone hingegen zeigte sich mit Blick auf die aktuelle Entscheidung der Bundesnetzagentur überzeugt: „Vectoring II behindert den Glasfaserausbau!“ Frank Krüger versuchte den Dissens schließlich auf die Kompromiss-Formel zu bringen, dass Deutschland einen Technologie-Mix aufweise und auch Vectoring langfristig zum stärkeren Glasfaserausbau führe. Insgesamt prognostizierte der Telekom-Vertreter eine langfristige Evolution der Netze. Es werde einen fließenden Übergang geben mit einer zunehmenden Verdichtung, der Prozess werde etwa zehn Jahre dauern, so Krancke. Einer Zusammenarbeit mit anderen Anbietern verschließt sich die Telekom indes nicht. Schon jetzt gebe es Mobilfunkmasten, die sich drei Anbieter teilen, das werde zukünftig mehr werden, so der Telekom-Vize-Präsident.

Abschließend nach den Wünschen der Branche für die Zukunft gefragt, stellte sich auf dem Podium wieder Einigkeit ein. Valentina Daiber warnte die Politik davor, sich zu verzetteln. Beim Smart Metering habe man sieben Jahre über Regulierung gesprochen, bevor es jetzt an die Umsetzung gehe, so die Vertreterin von Telefónica. Jan Krancke von der Telekom pflichtete ihr bei der Forderung nach weniger Regulierung bei. Bei der Standardisierung müsse sich die Wirtschaft aber an die eigene Nase fassen, „das liegt in unserer Hand“, so der Telekom-Vize-Präsident.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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