Die Suche nach dem Rettungsring in der Informationsflut
Wer hat Angst vor der Informationsflut im Netz? Kaum jemand, meint der IT-Branchenverband BITKOM auf Grundlage einer Umfrage. Jüngere Nutzer bis 29 Jahre leiden zwar etwas stärker unter der zunehmenden Menge digitaler Informationen als ihre älteren Mitmenschen. Generell kommen allerdings laut BITKOM-Umfrage 82 Prozent aller Befragten gut mit der steigenden Informationsmenge zurecht. Doch finden wir immer, was wir suchen, und interessiert uns immer, was wir finden?
Die Suche nach der Wahrheit in der Datenflut
Der Informationsdschungel im Netz ist in den letzten Jahren deutlich dichter geworden. Nicht nur die Suche nach der Wahrheit wird dadurch grundsätzlich schwieriger. Auch muss man sich mittlerweile für die eigenen Suchergebnisse rechtfertigen. Früher war es so: Wenn es nicht im Brockhaus in der lokalen Bibliothek stand, dann existierte es nicht. Heute ist es so: Wenn man es im Internet nicht findet, dann hat man die falsche Suchmaschine oder unpräzise Schlagwörter verwendet. „Die Internetnutzer werden erfahrener und haben Mittel und Wege gefunden, den Informationsdschungel zu lichten“, erklärt hingegen BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Teilweise stimmt das: Mailanbieter sortieren unerwünschte Werbung und Spam inzwischen relativ gut aus und halten den Posteingang sauber und sortiert. Bei Twitter sind die Informationsquellen, denen man folgt, handverlesen und lassen sich zudem in Listen anlegen. Auch Facebook erweckt den Eindruck, als könne man den News Feed nach eigenen Interessen und Schwerpunkten ordnen. Zudem kennen wir unsere Lieblingswebseiten für politische Nachrichten, Sport, Mode oder Netzpolitik und steuern diese zu einem selbst gewählten Zeitpunkt gezielt an. Der allgegenwärtigen Beschallung aus dem Netz begegnen wir mit unserer selektiven Wahrnehmung. Entgegen dem Verständnis mancher Spiegel-Eilmeldungen finden wir nicht jede Kleinigkeit, die in der Welt passiert, berichtenswert, sondern wollen Angebote und Ereignisse filtern.
Von der Medienkompetenz zur Filterkompetenz
Für die Generation, die die Anfänge des Internets erlebt hat, hieß das Stichwort „Medienkompetenz“, denn man musste erlernen mit den neuen Technologien umzugehen. Die nächste Generation, die bereits mit dieser Technik aufwächst, muss nun eine „Filterkompetenz“ erwerben und sich die Fähigkeit aneignen, relevante Quellen im Netz von unseriösen Einzelmeinungen zu trennen. Zur Filterkompetenz gehört auch das Wissen, dass Suchmaschinen nicht alles finden, was im Netz existiert, und dass die Reihenfolge der Ergebnisse nicht vollkommen willkürlich angezeigt wird. SEO-Maßnahmen und die Weiterentwicklung von Algorithmen werden auf dem Suchmaschinenmarkt sicher weiterhin stark umkämpft sein. Zu der Problematik, wie wir interessante Informationen finden, gesellt sich außerdem die Frage nach der Archivierung der wichtigen Daten.
Beschallung vs. Abschottung im Netz
Alle Arbeitnehmer müssen sich außerdem entscheiden, ob sie den Informationsfluss in der Freizeit unterbinden, etwa indem sie sich bewusst von Nachrichten jeglicher Art abschotten. Die technischen Möglichkeiten bieten allerdings auch die Chance, Daten und Informationen zu umgehen, die man nicht sehen will. Die BITKOM-Umfrage impliziert, dass eine gewisse Gewöhnung an die Fülle der täglichen Nachrichten in der Bevölkerung eingesetzt hat. Im Jahr 2011 gaben noch 43 Prozent der Befragten an, sich von Informationen im Internet überflutet zu fühlen, während in der aktuellen Befragung nur 14 Prozent diesen Zustand als belastend angaben.
Im Rahmen seiner Analyse prognostiziert der BITKOM, dass sich die Informationstechnik künftig stark weiterentwickeln und so zu einer Verbesserung bei Auswertung und Aufbereitung der Informationen führen wird. Doch auch die Nutzer müssen ihre Fähigkeiten zur Auswertung verbessern – statt ziellos herumzuschalten oder durch die Gegend zu klicken, kann man sich genau das ansehen, was einen interessiert. Man muss nur wissen, was man will und seinen persönlichen Rettungsring für die Informationsflut kreieren.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.