Bundesnetzagentur und EU-Kommission ringen um Entgelte
Wird ein Anruf von einem Telekommunikationsnetzbetreiber in ein anderes Netz übermittelt, fallen Gebühren für diese Anrufübergabe an. Diese sogenannten Terminierungsentgelte werden von der deutschen Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur festgelegt. Die Terminierungsentgelte in deutschen Mobilfunknetzen sind in den letzten Jahren deutlich gesunken bzw. sie wurden von der Bundesnetzagentur durch verschiedene Berechnungsmethoden und Modelle immer wieder abgesenkt. Neben der deutschen Regulierungsbehörde greift aber auch die Europäische Kommission regulierend in die Preisgestaltung ein, um die europaweite Harmonisierung im Binnenmarkt sicherzustellen. Wie hoch diese Entgelte sind, ist äußerst bedeutsam für die Kostendeckung und die Investitionsmöglichkeiten der Netzbetreiber – für Festnetz und Mobilfunk gleichermaßen.
Die Bundesnetzagentur wehrt sich gegen die Vorgaben aus Brüssel
Die bereits seit einigen Jahren geführten Konsultationen und Gespräche zwischen der EU-Kommission und der Bundesnetzagentur über die endgültigen Mobilfunk-Terminierungsentgelte endeten am 19. Juli 2013 mit der Bekanntgabe durch die Bundesnetzagentur. Damit wird rückwirkend ab dem 1. Dezember 2012 ein einheitliches Entgelt in Höhe von 1,85 ct/min sowie ab dem 1. Dezember 2013 nur noch 1,79 ct/min. erhoben. Die nun bestätigten Tarife waren im November 2012 nur vorläufig genehmigt worden, denn es folgten noch ein nationales Konsultationsverfahren sowie eine Stellungnahme der EU-Kommission. Die aktuelle Entscheidung über die Entgelte der sogenannten Mobilfunkterminierung soll bis Ende November 2014 gelten.
Damit ist diese Debatte jedoch noch längst nicht abgeschlossen, denn der EU-Kommission sind die beschlossenen Gebühren der Netzbetreiber für die Gesprächsvermittlung zu hoch. Nach einer dreimonatigen Untersuchung befand die Kommission im Juni 2013, dass die Zustellungsentgelte in deutschen Mobilfunknetzen um etwa 80 Prozent höher seien als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten. Dadurch würden die Verbraucher auf unangemessene Weise an diesen Kosten beteiligt, argumentiert die Kommission, die zudem einen Marktvorteil deutscher Anbieter befürchtet.
Dieser Argumentation der Brüsseler Behörden folgte die Bundesnetzagentur allerdings nicht. Ausdrücklich distanzierte sie sich dabei von der empfohlenen Berechnungsmethode der Kommission und setzte weiterhin auf die Variante des KeL-Maßstabs (KeL = Kosten effizienter Leistungsbereitstellung). Über die Unterschiede zur Pure LRIC (LRIC = Long Run Incremental Costs), dem von der EU-Kommission favorisierten Berechnungsmodell, herrscht damit weiterhin keine Einigkeit zwischen dem EU-Regulierer und der deutschen Behörde. Auch die Möglichkeit der EU-Kommission, rechtliche Schritte zur Durchsetzung einer Harmonisierung einzuleiten, konnte die Bundesnetzagentur Ende Juni 2013 nicht zum Einlenken bewegen. Mit dem Argument, es handle sich bei der Berechnungsmethode lediglich um eine Empfehlung der Kommission und damit stehe dem europäischen Regulierer in dieser Situation kein Veto zur Verfügung, hatte sie auf ihrer Berechnungsmethode beharrt.
Beim Festnetz ist noch nichts entschieden
Im Bereich Festnetz dauern die Verhandlungen noch an und eine endgültige Entscheidung steht bislang aus. Kürzlich hatte die EU-Kommission die Bundesnetzagentur aufgefordert, die bestehenden Vorschläge für Festnetz-Zustellungsentgelte zu ändern, nachdem auch hier ein dreimonatiges Prüfverfahren zu Ende gegangen war. Die EU-Kommission wies darauf hin, dass die deutschen Entgelte im Vergleich zu den durchschnittlichen Tarifen der anderen Mitgliedsländer auf rund 300 Prozent, also auf das Dreifache hinauslaufen würden. Dieser Wert bezieht sich auf Betreiber in Ländern, deren Entgeltberechnung sich an den erwähnten Empfehlungen der Kommission orientieren.
Den Standpunkt der Kommission unterstützt auch das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK). Es empfahl der Bundesnetzagentur Anfang August, ihren Vorschlag den Präferenzen der Kommission anzupassen. Andernfalls könnte auch in diesem Fall der klärende Weg vor die Gerichte führen.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.