Terminierungsentgelte: Wer bezahlt wie viel an wen?
So genannte Terminierungsentgelte sind eine immens wichtige Stellschraube für Investitionen im Mobilfunk. Was der Begriff Terminierungsentgelte konkret bedeutet, wird hier erklärt.
Was der Kunde an welches Mobilfunkunternehmen zahlt, steht nicht in diesem Artikel. Ein Vergleich, den übrigens die E-Plus Gruppe nicht scheut, doch daran arbeiten sinnvollerweise unabhängige Portale wie Teltarif; wer direkt den weltentspanntesten Tarif sucht, findet ihn hier.
Wer nutzt, bezahlt
In diesem Artikel geht es darum, was sich die Telekommunikationsanbieter gegenseitig bezahlen, wenn sie Anrufe in das Netz eines jeweils anderen Anbieters übermitteln. Auf Telekommunikationsfachdeutsch nennt man das Übermitteln auch Terminieren und die entsprechenden Zahlungen dann Terminierungsentgelte (oder auf Englisch Termination Rates).
Diese Terminierungsentgelte gibt es im gesamten Telekommunikationsmarkt. Das Grundprinzip ist ganz einfach: Wenn ein Teilnehmer A aus dem A-Netz den Teilnehmer B im B-Netz anruft, zahlt er seinem A-Netzbetreiber dafür etwas (ob nun pro Minute oder als Flatrate quasi im Paket). Im Hintergrund bezahlt aber auch der Netzbetreiber A an den Netzbetreiber B etwas. Das sogenannte Terminierungsentgelt bekommt der den Anruf aufnehmende Netzbetreiber, um dessen Aufwand und die Nutzung seines Netzes zu entgelten. Das ist gewissermaßen sein Anteil an den Einnahmen des A-Netzbetreibers.
Das Ganze funktioniert im Mobilfunkmarkt im Grunde genauso. Allerdings weichen die Entgelte für die Mobilfunkterminierung (auch Mobile Termination Rates [MTR) genannt) von den Entgelten für die Festnetzterminierung ab. Damit wird dem unterschiedlichen Aufwand zwischen Festnetz- und Mobilfunknetz Rechnung getragen.
Wer bestimmt die Terminierungsentgelte?
Im Festnetz wurden die Terminierungsentgelte seit Öffnung des Marktes durch die Abschaffung des Staatsmonopols in den neunziger Jahren durch die Bundesnetzagentur (damals hieß sie noch Regulierungsbehörde) festgelegt. Im Mobilfunk gab es einige Jahre freiwillige Vereinbarungen. Das hat jedoch dauerhaft wegen der unterschiedlichen Interessen und den sehr unterschiedlichen Unternehmensgrößen nicht funktioniert. Deshalb legt die Bundesnetzagentur seit Mitte der 00er Jahre auch die Mobilfunkterminierungsentgelte fest. Zuletzt hat die Behörde Ende 2010 die Entgelte von rund sieben Cent auf ca. drei Cent pro Minute (unterschiedlich nach Netzbetreiber) deutlich abgesenkt.
Wie werden die Terminierungsentgelte festgelegt?
Wenn man es sich einfach machen möchte, kann man sagen: Die Regulierung der Mobilfunkterminierungsentgelte ist eine Wissenschaft für sich. Genauer gesagt braucht die Bundesnetzagentur ein Modell, nach dem sie die genaue Höhe berechnet. Das war seit Beginn der Regulierung immer ein sehr umstrittener Punkt. Das lag nicht nur an der wirtschaftlichen Bedeutung der Entscheidung, denn immerhin können dabei auch Änderungen an den Kommastellen (im Cent-Bereich!) Gewinne oder Verluste in Millionen-Größe verursachen. Es lag auch daran, dass es angesichts unterschiedlicher Kostenstrukturen und wissenschaftlicher Methodendiskussion man tatsächlich von einer schwierigen Materie sprechen kann. Das führte letztlich zu einer Vielfalt von Berechnungsmethoden und bei bisher jeder Regulierungsentscheidung wurden neue Modelle genutzt.
Wann steht die nächste Entscheidung der Bundesnetzagentur an?
Die letzte Festlegung der Mobilfunkterminierungsentgelte gilt vom Dezember 2010 bis Ende November 2012. Aktuell arbeitet die Bundesnetzagentur also an einer neuen Regulierungsentscheidung, die am 1. Dezember 2012 wirksam werden soll. Dabei geht die Auseinandersetzung um Modelle in eine neue Runde und gewinnt eine europäische Dimension. Im Entwurf der Regulierungsverfügungen sind symmetrische Terminierungsentgelte (MTR) vorgesehen. Das heißt: Alle Netzbetreiber sollen das gleiche Entgelt bekommen. Damit folgt die Behörde der Empfehlung der EU-Kommission. Es soll auch, wie von der EU-Kommission vorgesehen, ein analytisches Kostenmodell genutzt werden. Allerdings sieht die deutsche Bundesnetzagentur einen anderen Entgeltmaßstab vor, der innerhalb des Modells die genaue Berechnung ermöglicht. Sie beharrt auf dem sogenannten KeL-Maßstab (Kosten effizienter Leistungsbereitstellung), während die Kommission den neuen pureLRIC-Maßstab (Long Run Incremental costs = langfristige Grenzkosten) favorisiert. Der EU-Ansatz hätte jedoch zwei Nachteile. Zum einen bestehen rechtliche Zweifel, ob die europäische Vorstellung mit dem deutschen Telekommunikationsgesetz vereinbar ist. Zweitens wären deutliche ökonomische Nachteile zu erwarten, die dem mobilen Breitbandausbau schaden könnten. Denn der pureLRIC-Maßstab basiert auf den langfristigen Grenzkosten.
Grenzkosten sind in der Betriebswirtschaftslehre die Kosten, die über die vorhandenen Fixkosten hinaus bei zusätzlicher Produktion einer Einheit (in unserem Fall einer Mobilfunkminute) anfällt. Im Endeffekt würden daher bei dieser Berechnungsmethode die Unternehmen geringere Einnahmen erhalten als die tatsächlichen entstehenden Kosten. Die tatsächlichen Kosten bestehen natürlich auch aus den vorhandenen Fixkosten beispielsweise eines bundesweiten Mobilfunknetzes. Damit würden den Unternehmen – ohne erkennbaren Nutzen für Wettbewerb oder Verbraucher – dringend für den mobilen Breitbandausbau benötigte Finanzmittel entzogen. Es bleibt also zu hoffen, dass sich die deutlich sinnvollere Position der Bundesnetzagentur, mit dem KeL-Maßstab die Kosten umfassender zu berechnen, in diesem Punkt durchsetzt.