Open Government: Werden wir jetzt alle zu Entscheidern?

Foto: E-Plus-Gruppe
Veröffentlicht am 14.03.2012

Politische Debatten seien laut geworden, weil jetzt jeder mitreden könne, schrieb jüngst die ZEIT. Ist das wirklich so? Kann Open Government, das die Bedingungungen für mehr Partizipation schaffen will, zu mehr Transparenz in der Politik und dadurch zu weniger Politikverdrossenheit führen?

Wir haben diese Fragen zum Thema des letzten UdL Digital Talks gemacht und Thomas Oppermann, den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, sowie Anke Domscheit-Berg, Mitbegründerin des Government 2.0 Netzwerk Deutschland, als Diskutanten eingeladen.

Grundlegender Kulturwandel nötig

Anke Domscheit-Berg, Cherno Jobatey und MdB Thomas Oppermann, Foto: E-Plus-Gruppe

Domscheit-Berg betonte, dass es in Politik und Verwaltung immer noch viel zu wenig Transparenz gäbe. Woran das liegt?  Laut Domscheit-Berg sei nicht – wie oft behauptet – die technische Umsetzung das Problem, sondern der fehlende Wille zur Veränderung: Oftmals sei das Festhalten am Amtsgeheimnis sowie die Angst vor Kontrollverlust noch tief in Institutionen verwurzelt. Es gehe deswegen darum, einen grundlegenden Wandel der Informationskultur, der momentan die größte Hürde darstelle, zu erreichen.

Kein Massenkonzept

Aber geht es nur um ein Umdenken seitens der „Informationsgeber“ und Entscheider? Nein. Laut Oppermanns Einschätzung werde Open Government zumindest in nächster Zukunft kein Konzept für die Masse sein – längst nicht jeder nutze die neuen Möglichkeiten der digitalen Partizipation. Dennoch spricht sich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende für Open Government aus:  Die Teilhabe – auch Einzelner – führe zu besseren Entscheidungen in der Politik und einer höheren Akzeptanz von politischen Entscheidungen in der Bevölkerung. Durch Open Government werde zusätzliches Wissen generiert, so Oppermann.

Geschütze Räume nötig

Einig sind sich beide Diskutanten in zwei Punkten: Erstens, dass Open Government zu Verbesserungen politischer Entscheidungen in der Demokratie beitragen könne. Zweitens, dass Transparenz auch ihre Grenzen haben müsse. Domscheit-Berg sieht die Schranken dort, wo es um sicherheitsrelevante oder personenbezogene  Daten geht. Denn: Die Möglichkeit für den Einzelnen anonym auftreten zu können, sei die Grundvoraussetzung für Partizipation – auch in einer modernen Gesellschaft müsse es geschützte Räume geben.

Oppermann geht in diesem Punkt noch weiter: Auch in der Politik müsse es die Möglichkeit vertraulicher Gespräche geben. Denn: Diskussionen würden sich verändern, in dem Moment, in dem sie öffentlich stattfänden. Der Input von außen sei wichtig, da sich durch ihn Probleme und Fehler schneller aufspüren ließen. Eine parlamentarische Entscheidung könne durch Bürgerbeteiligung aber nicht ersetzt werden, so Oppermann weiter.

Umkehr von Transparenz

Dass für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in der Politik gearbeitet werden müsse, darin sind sich die Netzaktivistin und der Politiker einig. Aber: Wie viel Transparenz braucht Politik denn nun? Domscheit-Bergs Rezept ist eine Umkehr von Transparenz. Das heißt: Nichttransparenz müsse zur begründeten Ausnahme werden.

Bilder vom UdL Digital Talk kann man hier ansehen.

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