Markus Haas beim SZ-Wirtschaftsgipfel: Wir brauchen einen digitalen Ruck

Foto: SZ Wirtschaftsgipfel / Mathis Wienand
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Veröffentlicht am 21.11.2017

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Wir brauchen einen „digitalen Ruck“, der durch Deutschland geht, sagte Markus Haas am Freitag in Berlin. Der CEO von Telefónica Deutschland sprach sich auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel dafür aus, dass die neue Bundesregierung die richtigen „Hebel“ in Bewegung setzt und aus „Fehlern der Vergangenheit“ lernt, um Smart Cities zu ermöglichen und den Standort Deutschland zu stärken. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte 60 hochkarätige Referenten eingeladen, um über eine „neue Weltordnung“ zu diskutieren, die momentan durch Digitalisierung, Globalisierung und Machtverschiebungen zu entstehen scheint.

Markus Haas debattierte bei einer Panel-Diskussion mit Angela Titzrath, Vorstandschefin des Hamburger Hafenlogistik-Unternehmens HHLA, Konstantin Sixt, Vertriebsvorstand des gleichnamigen Autovermieters, und dem Startup-Gründer Liam Bates über die Städte der Zukunft: mit fahrerlosen Autos, die Passagiere an der Haustür abholen, und Mülltonnen, die wissen, wann man sie leeren muss, sowie Häusern, die Temperatur und Licht den Bewohnern anpassen. Das Leben in der Smart City soll sauber, leise und gesund sein, weil alles miteinander vernetzt ist. Die Fahrzeuge werden geteilt und es gibt keine Staus mehr. „Dann muss kein Auto mehr auf der Straße parken“, sagte Konstantin Sixt, der selbst gar kein Auto hat und immer nur Mietwagen fährt. Es bleibe mehr Platz für Parks und die Luft werde besser.

Smart City?: Städte treffen Entscheidungen mit alten Daten

Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss noch viel geschehen. „Bisher treffen Städte ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Daten, die zu alt und oft falsch sind“, kritisierte Liam Bates, der bei seiner Firma Kaiterra schicke Feinstaubmessgeräte produziert, die man in Apple-Shops kaufen kann. Als Beispiel führte er das Fahrverbot für die Hälfte der Fahrzeuge in Neu-Delhi an: Es habe kaum etwas bewirkt, als die Grenzwerte für Luftverschmutzung vor drei Jahren um das Zehnfache überschritten wurden. Denn gegen die üblichen Rekord-Emissionen von Herdfeuern, Müllverbrennungen, Kohlekraftwerken und den Ziegeleien am Stadtrand war es wirkungslos.

Podium
Foto: SZ Wirtschaftsgipfel / Mathis Wienand

Um die richtige Politik umzusetzen, müsse man wissen, wo überhaupt das eigentliche Problem liegt. Das habe auch die Stadtregierung von Peking erkannt, wo er seit einigen Jahren lebt. Dort werden seit Jahren unzählige Sensoren installiert, die über das Internet der Dinge vernetzt sind und durch geschickte Datenanalysen die Quellen der Verschmutzung in Echtzeit erkennen lassen. „Die Zukunft, die wir hier noch beschreiben, gibt es dort schon zu erleben“, sagte der gebürtige Schweizer. Allerdings dürfe man sich keine Illusionen über die Anonymisierung der genutzten Daten machen. Der Schutz der Privatsphäre gelte in China immer noch als Luxus-Problem.

Telefónica Next: Nahverkehr mit Mobilfunkdaten optimieren

Wir müssen die Bürger mitnehmen“, sagte deshalb Markus Haas, „und können hier keine Datenschutzstandards aus anderen Ländern fordern“. Allerdings habe es fünf Jahre gedauert und sehr viele Diskussionen mit dem Bundesdatenschutz erfordert, bis die Tochterfirma Telefónica Next anonymisierte Mobilfunkdaten bereitstellen konnte, damit beispielsweise die Verkehrsplanung in Stuttgart besser funktioniert und der öffentliche Nahverkehr in Berlin sich besser steuern lässt. „Dafür haben wir wirklich sehr lang gebraucht“, so Haas.

CEO Markus Haas beim SZ-Wirtschaftsgipfel
Foto: SZ Wirtschaftsgipfel / Mathis Wienand

Dabei ist es sein Ziel, dass genau solche Lösungen die Hektik in den Städten verringern und schon in wenigen Jahren den Menschen ein bis zwei Stunden pro Tag einsparen, weil alle Wege optimal organisiert sind und man sich vieles einfach liefern lässt. Das zentrale Nervensystem für diese Smart City der Zukunft sei der Mobilfunk, doch beim Ausbau seiner Infrastruktur stehe Deutschland sich gerade selbst im Weg.

Wir haben 60 Milliarden Euro in den vergangenen 20 Jahren für Frequenzen ausgegeben“, sagte der Vorstandsvorsitzende von Telefónica Deutschland. „Die bräuchten wir heute sehr dringend, um eine Glasfaser-Infrastruktur aufzubauen.“ Deshalb würden Länder wie Schweden oder Dänemark, die ihre Frequenzen sehr günstig vergaben, jetzt beim internationalen Vergleich der Breitbandgeschwindigkeiten vorn liegen. Die Staaten mit teuren Versteigerungen lägen dagegen im letzten Drittel, „und da befindet sich leider auch Deutschland.“ Deswegen muss jetzt ein digitaler Ruck durch das Land gehen.

Mehr Informationen:

Rückblick auf die Veranstaltung: SZ Wirtschaftsgipfel 2017
Smart City: Die Stadt der Zukunft (Süddeutsche Zeitung, 19. November 2017)

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