Big Data oder Big Pain?: Alles, was nicht auf ein Excel-Sheet passt

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Veröffentlicht am 10.05.2017

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Big Data wird heute als jene große Unbekannte beschrieben, an der keiner vorbei kann. Sie birgt, als primär wirtschaftlich gehandhabtes Thema, nämlich vor allem eines: große Erfolgsversprechen. Was eben auch jene, die dieses Mysterium als Schlüsselfaktor für Wachstum und Wettbewerb identifiziert haben, dazu zwingt, sich damit intensiver auseinanderzusetzen. Das ist nicht einfach. Weil: Datenberg – und das eingedenk aller rechtlichen Rahmenbedingungen, die allein schon komplex genug wären – kann heute schon fast jeder.

Big Data ist kein Selbstzweck. Nur derjenige, der versteht, die richtigen Fragen zu stellen, wird aus den enormen Datenmengen Muster zu erkennen imstande sein, die unter vielen anderen Möglichkeiten etwa Prognosen über den Markt ermöglichen. Lutz Finger, der aus Berlin stammende Quantenphysiker und Cheftechnologe der Business Plattform LinkedIn sagt das so: „Ohne die richtige Frage bleibt Big Data einfach nur Big Pain“, was in etwa den Zustand der allgemeinen Nutzung mehr oder weniger auf den Punkt bringt.

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Foto: shutterstock / ra2studio

Eines geht nämlich laut europäischem Datenschutz nicht: Daten sammeln und später schauen, was man damit tun möchte. Hinzu kommen etwa die Grundsätze der Einwilligung und Zweckbindung. Wir, die Datenerzeuger müssen der Nutzung unserer Daten zustimmen und darüber Bescheid wissen, für welchen Zweck sie verwendet werden können. Nur wenn Daten keine Rückschlüsse auf einzelne Personen mehr erlauben, darf mit ihnen gearbeitet werden.

Sukkus zahlreiche Untersuchungen zum Gespann „Big Data und Strategie“ zeigen, dass rein theoretisch vieles möglich ist, die meisten Unternehmen sich zurzeit allerdings noch in Belangen der Struktur und Kultur selbst im Wege stehen.

Theoretisch sollte der Aufklärungsgrad der Datenlieferanten steigen. Wer alles über und von sich bei sozialen Plattformen preisgibt und ein T-Shirt seiner Lieblingsmarke, in der Lieblingsfarbe mit Namensaufdruck seiner Freundin vorgeschlagen bekommt, darf das nicht unheimlich finden. Jeder, dem bewusst ist, dass die eigenen Daten an sich pures Kapital sind, würde möglicherweise einen zweiten Gedanken zur persönlichen Exponierung und Selbstbestimmung zulassen.

Big Data: Privatsphäre und gesellschaftlicher Nutzen

Es ist kniffliger geworden, die Privatsphäre zu schützen. Das bestätigt auch eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts für sichere Informationstechnologie, die Assoziationen zum Thema Big Data gesammelt hat – die da lauten: gefährdet die Privatsphäre (78 Prozent) oder Datensammelei (58 Prozent).

Big Data repräsentiert beileibe aber nicht nur die dunkle Seite der Macht, Big Data birgt bei verantwortungsvollem, sorgfältigem Umgang mit dem Material ziemlich große Chancen – nicht nur im wirtschaftlichen Sinn. Big Data Science kann durchaus hohen gesellschaftlichen Nutzen stiften (39 Prozent der Befragen der oben angeführten Fraunhofer Studie bestätigen das übrigens) – in Gesundheit, Forschung oder Umweltfragen.

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Foto: fotolia / sdecoret

Aber zurück zu den Unternehmensstrategen mit ihren alles überstrahlenden Bildern einer von Wachstum und Erfolg gekrönten Zukunft und den entsprechend unbescheidenen Forderungen an ihre Data Scientists. „Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell?“, fragte das auf Big Data Analytics und Data Warehousing spezialisierte Unternehmen Terradata 300 Entscheider rund um den Globus. Hier das Ranking:

  • Faktenbasierte Entscheidungen aufgrund von Daten treffen (48 Prozent)
  • Unternehmensweite Strategie etablieren (43 Prozent)
  • Ressourcen bündeln, um mehr Erkenntnisse aus den Datenmengen zu erlangen (43 Prozent)
  • Daten als wertvollen Gewinn betrachten (41 Prozent)
  • Keine signifikanten Herausforderungen (10 Prozent)

Vermutungen legen nahe, dass Big Data vieles, vielleicht zu vieles transparent macht. Das war bzw. ist in vor allem großen Unternehmen in dieser Form eine Unbekannte. Und die Großen/Globalen sind es zurzeit, die das Thema Big Data umtreibt. Das Thema treibt den Paradigmenwechsel vor sich her. Schmerzvolle Fragen nach Sinnhaftigkeit von Struktur über Strategie bis Hierarchie treiben an die Oberfläche. Nicht zuletzt ist das wohl auch ein Grund für die so emotional und in Extremen geführte Debatte um Big Data.

Ja, sie bringt Veränderung, vielleicht schneller als erwartet oder gewünscht. Und ja, wir werden durch mehr Transparenz auch mehr gefordert sein – in unserem Handeln, Denken, mit unseren Abhängigkeiten, Ängsten und vielem mehr. Big Data birgt ja auch Gefahren. Sicher scheint aber auch, dass nur der offene, wache und neugierige Blick auf das Thema neue Optionen offenlegen wird und wir nur so dem Thema ein wenig von seinem Mysterium nehmen können. Das geht. Ganz (selbst)bestimmt.

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